Unangepasst, ungewöhnlich und ein wenig verdreht – dafür steht distorted people. Mit dem einschneidenden Logo aus Hackebeil und Barbiermesser revolutioniert die Marke Münchens Männermode und überzeugt mit perfektionierten Schnitten und Designs. Vor zehn Jahren gründeten die Brüder Huy und Dung Vu das Modelabel und verkauften die ersten Teile über den Bartresen an Partygäste. Heute ist das Streetwear Label so erfolgreich, dass die Werbung mit Prominenten wie Wyclef Jean, Robert Lewandowski oder David Alaba von allein kommt.
In diesen zehn Jahren war jedoch längst nicht alles rosig. Welche Schwierigkeiten und Markenentwicklungen die Gründer meistern mussten, wie Bastian Schweinsteiger zum Erfolg beigetragen hat und wie sie es schafften, in der Modebranche langfristig erfolgreich zu sein, haben uns die Shopify-Händler Dung und Huy Vu sowie der Shop-Entwickler und Shopify-Experte Norbert Willi im Interview verraten.
Wir saßen teilweise ohne Strom zuhause, weil wir das Geld lieber in die Produktion gesteckt haben.
Ihr kommt ursprünglich aus der Münchner Nightlife-Szene. Wie kam es zum Modelabel distorted people?
Dung: Wir waren sieben Jahre lang als Barkeeper in München bekanntestem Club P1 tätig, wollten aber irgendwann beruflich ein neues Level erreichen. Durch das aufgebaute Netzwerk an Club-Gästen, DJs und Club-Besitzern konnten wir 2008 dann unsere eigene Partyreihe Distorted TV im damaligen Münchner Club “Baby” starten. Die Idee zum eigenen Modelabel entstand dadurch, dass wir zum einjährigen Bestehen der Reihe ein paar T-Shirts für die Stammgäste gemacht und auf dem Event verteilt haben.
Wir haben damals einfach weiße Rohlinge genommen und witzige Sprüche wie "I love you but I choose Disco" darauf gedruckt.
Der Shopify Shop von distorted people.
Huy: Die ersten distorted-people-Kunden waren also die Gäste auf unseren Partys. Die Nachfrage nach den Shirts war überraschenderweise immens und wir haben auch nach den Partys E-Mails erhalten, in denen nach den T-Shirts gefragt wurde. Das war für uns die Geburtsstunde von distorted people.
Dung: Wir haben dafür auch direkt eine eigene Webseite programmieren lassen und die Shirts darüber verkauft. In den ersten 48 Stunden haben wir die neuen Designs für einen günstigen Preis angeboten und alles, was danach übrig war zum regulären Preis von 25 Euro verkauft. Das haben wir dann drei Jahre lang so gehandhabt.
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Was hat es mit dem bekannten Logo bestehend aus Fleischerbeil und Rasiermesser auf sich?
Dung: Das kam zu einem späteren Zeitpunkt zum Label dazu. Im vierten Jahr der Gründung hatten wir unsere erste Kreativkrise, weil wir unsere eigenen T-Shirts selbst nicht mehr gut fanden und getragen haben. Damals hatten wir noch keine Linie, keine eigenen Schnitte und haben einfach alles drauf gedruckt, was irgendwie cool oder lustig war und sich verkaufen ließ. Wir konnten so aber nicht wirklich hinter unserem Label stehen. Das war nicht der Style, der zu uns passte und nicht die Qualität, die wir abliefern wollten.
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Wir mussten unsere Gesamtsituation überdenken, da wir ja auch schon viel Geld investiert hatten und schalteten erst einmal alles off. Ein ganzes Jahr haben wir nur damit verbracht, darüber nachzudenken, wie unser Label ausschauen könnte. Wir haben mit eigenen T-Shirt-Schnitten experimentiert und haben das erste Mal Produzenten gesucht, mit denen wir die ersten Prototypen herstellen können. Das war für uns ein wichtiger Schritt, den wir auch symbolisch einleiten wollten. Im Zuge dessen haben wir das Logo, wie man es heute kennt mit den gekreuzten Klingen, ins Leben gerufen.
Wir haben nach einem Logo gesucht, das männlich, prägnant und gut einprägsam ist. distorted people als Marke konnte sich kein Mensch merken!
Damit hatten wir das einprägsame Logo mit Barbiermesser und dem Hackebeil, inspiriert durch den Film Gangs of New York. In dem hatten wir die zwei Gegenstände gesehen und direkt gedacht “Okay, das passt zu uns!”.
Huy: Das sind ja auch Tools für typische Männerberufe. Und weil wir bisher nur Männermode machen, passte das wie die Faust aufs Auge.
Die distorted-people-Gründer Huy und Dung Vu.
Was ist an euch und der Marke so außergewöhnlich?
Dung: Wir wollen mehr als nur irgendeine Marke sein. Es geht um den distorted-people-Lifestyle. den wir verkörpern und der auch von unseren Kunden gelebt wird.
Egal wo man sich auf der Welt trifft, wenn man unser Klingenlogo an anderen sieht, passiert es, dass sich fremde Menschen einfach gegenseitig grüßen.
In den letzten zehn Jahren hat sich unter den Supportern des Labels eine starke Community entwickelt. Wir haben den Spirit als Gründerväter vorgelebt. Wir haben ein starkes Team an unserer Seite, mit dem wir zusammen gefeiert, gearbeitet und das Label auf ein neues Level gehoben haben. Dieser Spirit wird von uns gelebt und von unserer Community adaptiert.
Unser Erfolgsgeheimnis ist außerdem, dass wir gar nicht unbedingt darauf aus sind, super angesagt zu sein. Wir wollen vor allem bei jeder Kollektion dem Kunden die Möglichkeit geben, genau seinen Schnitt zu finden, mit dem er zufrieden ist. Wir haben über die Jahre den perfekten Schnitt für unseren Kunden kreiert und wissen genau, was der Kunde möchte. Deswegen arbeiten wir nach der 70-30-Regel. 70 Prozent unserer Produkte bestehen aus vorhandenen Schnitten und bei den anderen 30 Prozent haben wir die Möglichkeit Sachen auszuprobieren und neue Produkte zu gestalten. Mit diesen 30 Prozent haben wir in jeder Kollektion die Möglichkeit das Label weiter zu entwickeln und unsere Kundschaft zu überraschen - aber immer in gleichbleibender Qualität! Der Kunde weiß, was er von uns bekommt, wenn er online bestellt. Deswegen ist unsere Retourenquote im Gegensatz zu anderen Brands auch so niedrig.
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Ihr habt überaus prominente Unterstützer wie Bastian Schweinsteiger, David Alaba und Robert Lewandowski. Wie kam es dazu?
Bastian Schweinsteiger hat der Liebe Gott geschickt! Er kam in einer Phase, in der es dem Label richtig schlecht ging.
Dung: Zu dieser Zeit hatten wir unsere erste große Krise und die Kosten sind explodiert. In den ersten fünf Jahren seit Bestehen der Firma waren wir jedes Jahr am überlegen, ob wir das wirklich weitermachen wollen. Im fünften Jahr haben wir uns darauf geeinigt, es endgültig zu lassen, wenn es wieder nicht läuft. Also haben wir das letzte Geld zusammengekratzt und eine Kollektion gemacht. Plötzlich merkten wir, dass unsere Tanktops im Onlineshop wie warme Semmeln verkauft wurden. Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, woran das lag. Erst später haben wir erfahren, dass Bastian Schweinsteiger das Tanktop auf dem Foto einer Zeitschrift getragen hat. Das war für uns der Rettungsanker!
Huy: Wir haben mit ihm gesprochen und er meinte, dass er unsere Schnitte gut findet und uns supporten will. Er hat dann damals auch ein Bild mit der Meisterschaftsschale und einer distorted-people-Tüte gepostet, was schlagartig bei Instagram und Facebook viral ging. Außerdem hat er seinen Mitspielern von unserem Label erzählt. Jetzt kommen die Jungs, nachdem sie bei unserem Freund nebenan im Salon Haare schneiden waren, direkt zu uns einkaufen. Das lief also alles über Mundpropaganda.
Dem Basti haben wir wirklich ziemlich viel zu verdanken! Das sechste Jahr hätten wir sonst vielleicht nicht mehr gepackt!
Dung: Wir waren zwar damals lokal schon relativ bekannt aufgrund unseres Netzwerks, aber lokal begrenzt ist halt nicht das Gleiche, wie der gesamtdeutsche Markt. In Zeiten von Social Media und mit einem Prominenten an der Seite konnten wir dadurch leichter Fuß in diesem Markt fassen und unsere Mode der breiten Masse vorstellen.
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Was muss man in der dicht besiedelten Modebranche mitbringen, um erfolgreich zu sein?
Dung: Ganz klar: Man muss leidensfähig sein, Mut und Glück haben und ordentlich Kapital im Hintergrund ist auch nicht schlecht. Als wir anfingen, waren wir absolute Greenhorns und hatten mit der Branche nichts zu tun. Wir waren damals sehr enthusiastisch, diesen Antrieb brauchen junge Brands auch auf jeden Fall. Und eines sollte man immer bedenken: Die Konkurrenz schläft niemals!
Unser Label wurde nach dem Motto ‘Fehler machen, aus Fehlern lernen und Fehler wirklich nur einmal begehen’ aufgezogen.
Das Know-How, das wir jetzt nach 10 Jahren haben, basiert auf einem Lerneffekt. Wir sind immer wieder hingefallen und mussten als Unternehmer ständig neue Prüfungen bestehen. Die ersten Jahre sind hart und hier entscheidet sich, ob du der Typ für so ein Business bist oder eher auf Sicherheit setzt.
Die Modebranche ist ein sehr schnelllebiges Business. Hier wartet niemand auf dich!
Es kommen ständig neue Brands auf den Markt, aber es verschwinden natürlich auch wieder sehr viele, weil der Markenaufbau schwierig geworden ist. Rückblickend haben wir wirklich sechs bis sieben Jahre gebraucht, um die Marke aufzubauen und so zu entwickeln, dass sie heute auf soliden Beinen steht. Wollte ich heute ein Modelabel gründen, würde ich das mit anderen Augen betrachten.
Wir haben sechs bis sieben Jahre gebraucht, um die Marke aufzubauen.
Huy: Wir werden oft von Leuten kontaktiert, die direkt aus der Modeschule kommen und ihr eigenes Label gründen wollen. Leider vergessen diese Leute oft, dass Design nur etwa zehn Prozent des ganzen Geschäfts ausmacht, der Rest ist Buchhaltung, Marketing, der Aufbau eines guten Netzwerkes und auch Mal Streitigkeiten mit Anwälten. All das gehört dazu, um als Unternehmer erfolgreich zu werden. Außerdem ist es unheimlich wichtig, die eigene DNA zu kennen. Was macht das eigene Label besser als andere und wie tickt die Zielgruppe? Gerade letzteres muss man immer gut behandeln und pflegen.
Es reicht nicht sich einfach nur zu freuen, wenn ein T-Shirt gekauft wurde, man muss sich auch für Fragen, Probleme und Anregungen verantwortlich fühlen!
Dung: Wir sind durch die Jahre und die Erfahrung von diesem blind- und blauäugigen Handeln zu abgeklärten Profis geworden. Wir haben einfach in unserer Mode-Karriere sehr viel zurückstecken müssen und saßen ohne Strom zuhause, weil wir lieber das Geld in die Produktion gesteckt haben. Sowas kann man aber auch nicht erlernen, da muss man der Typ für sein.
Wenn du noch auf der Suche nach Inspiration für deinen Shop bist, beschäftigen wir uns in diesem Blogbeitrag mit der Frage: "Was lässt sich gut verkaufen?"
Seit 2012 verkauft ihr über einen Shopify Shop. Warum?
Norbert: Nach dem ersten eröffneten Store wussten wir, dass wir auch online sehr stark werden müssen. Wir haben uns dann zwei Shopsysteme genauer angeschaut, aber immer ein paar Probleme gehabt. Wir konnten unsere einzelnen Varianten und Produkte nicht anlegen und auch mit dem Payment hatten wir ständig Probleme.
Dein Onlineshop bringt noch nicht den gewünschten Umsatz ein? Wir zeigen dir, wie du SEO im Onlineshop einsetzt!
Shopify hat uns sehr vom Design her angesprochen und auf diesem System hat endlich auch alles gut funktioniert.
Shopify haben bei uns alle sehr gut verstanden, ohne dass jemand eingelernt werden musste. Außerdem haben die vorgegebenen Prozesse gut funktioniert! Die einzigen Herausforderungen waren die Varianten-Verlinkungen für unsere Produkte. Das konnten wir allerdings sehr schnell über die API selbst umsetzen, sodass alles sicher funktionierte. Ich kann Shopify nur weiterempfehlen, denn es überzeugt durch Einfachheit, Benutzerfreundlichkeit und die Abwicklung mit Payment und Checkout. Außerdem hält der Shop auch an Tagen wie dem Black Friday ohne Probleme stand. Über distorted people bin ich schließlich auch zu meiner Selbstständigkeit gekommen.
Neben der Testimonial-Werbung dank Fußballern - welche Marketing-Kanäle laufen bei euch am besten?
Norbert: Am lukrativsten ist auf jeden Fall E-Mail-Marketing! Zum Glück haben wir, wie Dung schon sagte, sehr treue Fans, die teilweise wirklich auf Releases warten. Sobald der Newsletter raus ist, merken wir das im Shop. Wir haben außerdem sehr viel Social-Media-Werbung gemacht, aber da merken wir mittlerweile, dass es immer teurer wird und die Leute nicht mehr so anspricht. Wir investieren jetzt wieder mehr in Google-Werbungen, weil wir sehr viel Traffic durch direkte Suchanfragen bekommen und auch das SEO-Thema wird immer interessanter für uns.
Wie E-Mail-Marketing funktioniert, steht hier.
Norbert Willi von distorted people und HeartCoding.
Dung: Wir testen außerdem immer neue Dinge, um zu sehen, ob sie für uns funktionieren. 2017 waren wir auf der Berlin Fashion Week und hatten auf der jüngeren Seek Messe einen Stand. Das haben wir uns allerdings für dieses Jahr gespart! Die Fashion Week war für uns weniger attraktiv.
Das ist der distorted-people-Charakter: Wir schauen uns die Sachen an und wenn sie für uns nicht klappen, dann müssen wir da auch nicht nochmal hin – selbst wenn alle anderen der Szene dort sind!
Es gibt euer Label jetzt seit zehn Jahren. Was waren eure persönlichen Highlights?
Huy: Als Wyclef Jean von den Fugees unsere Mode angehabt hat, war das schon cool. Ich bin ein großer Fan der Fugees! Wenn so jemand dann im Laden steht und deine Sachen trägt, denkst du nur “WOW!”. Aber insgesamt freuen wir uns riesig, dass die Community und die Fanbase so wächst! Als Unternehmer sind wir sehr stolz auf das, was wir geschafft haben! Wir wachsen und die Tendenzen zeigen alle nach oben.
Unsere aktuelle Fall-Winter Kollektion “DNA”, die im September rauskommt, zeigt sehr schön die Entwicklung von distorted people. Bedruckte T-Shirts wie zu unseren Anfangszeiten sind bis heute zentraler Bestandteil unserer Kollektion. Diese werden mit maskulinen, perfekt geschnittenen Wollmänteln, Parkas und Hoodies mit kleinem, eingestickten Klingen-Logo kombiniert. Darauf sind wir stolz.
Wie soll es in der nächsten Zeit bei distorted people weitergehen?
Norbert: Wir merken durch die Webseiten-Zugriffe momentan verstärkt, dass das Interesse an distorted people in England und den USA wächst. Deswegen werden das Märkte sein, die wir in nächster Zeit anpeilen werden, um ein wenig zu expandieren.
Huy: Außerdem stehen wir momentan in Gesprächen mit einer weiteren deutschen Stadt, in der demnächst ein neuer Store eröffnet werden soll, um auch in Deutschland noch präsenter zu werden.
Dung: Wir haben dieses Jahr außerdem zwei große Kollaborationen. Die erste läuft bereits. Pünktlich zum Oktoberfest haben wir mit Trachten Angermaier hier in München ein komplettes Wiesn-Outfit zusammen entworfen, bestehend aus einer Lederhose, einem Wiesn-Hemd und einer Weste mit unseren Klingen drauf. Wir pushen das Ganze auch momentan und haben vor allem bei Instagram gemerkt, dass die Nachfrage riesig ist!
Für unser Label war es ein langer, harter Weg, aber der hat sich gelohnt! Trotzdem sind wir uns mittlerweile sicher, dass irgendwann ein nächstes Problem kommt. Aber auch das werden wir lösen!
Über die Autorin: Caroline Dohrmann ist Online-Marketing-Managerin und Content-Enthusiastin. Wenn sie nicht gerade Shopify-Händlern und Händlerinnen die besten Geheimtipps in Interviews entlockt, schreibt sie im Blog über die Shopify-Community, Social Media und was das Online-Marketing gerade bewegt.
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